Warum die Sache mit der Ressourcenschätzung selten so läuft wie geplant
Ich wundere mich nicht, warum Projekte an der Ressourcenplanung scheitern.
Denn was auf den ersten Blick harmlos klingt, entpuppt sich schnell als Stolperfalle mit Ansage.
Aber dahinter versteckt sich ein ganzer Rattenschwanz an Problemen. Und leider begegnen mir in meinen Seminaren immer wieder dieselben Muster:
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Es gibt kein übergreifendes Portfoliomanagement. Jedes Projekt lebt in seiner eigenen Blase. Abteilungsweise klappt das manchmal ganz gut – aber es fehlt der Blick auf das große Ganze: alle laufenden Projekte, das Tagesgeschäft, spontane Aufgaben und interne Verpflichtungen. Genau dieser Überblick ist es, der fehlt – und der die Ressourcenplanung zur Dauerbaustelle macht.
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Die Abstimmung zwischen Projektleitern, Linienvorgesetzten und Teammitgliedern ist wacklig. Wer ist wann wie lange verfügbar? Keine Ahnung – eine solide Ressourcenabstimmung findet oft nicht statt.
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Die Aufgaben sind grob geplant – Hauptsache, der Gantt-Chart sieht schön bunt aus. Hier sehe ich oft eine Art Alibi-Funktion: ein Plan in MS Project (oder anderer Software), der gut aussieht, aber mit der Realität wenig zu tun hat. Struktur und belastbare Aufwandsschätzung? Fehlanzeige.
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Schätzungen sind geschönt – oder es fehlt schlicht die Erfahrung, sie realistisch zu machen. Man traut sich nicht, Puffer einzuplanen. Man will niemanden verärgern. Und oft schwingt die Hoffnung mit: „Es wird schon irgendwie klappen.“ Eine fundierte Aufwandsschätzung fehlt.
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Niemand fragt: Was macht die Kollegin eigentlich sonst noch? Wie viel Luft hat der Kollege, wenn er gleichzeitig in drei Projekten steckt – plus Tagesgeschäft? Und genau diese Fragen liegen in der Verantwortung des Projektleiters – auch wenn er oder sie die Antworten oft nur schwer bekommt. Ohne eine strukturierte Kapazitätsplanung bleibt alles vage.
Und selbst wenn du eine richtig gute Planung machst: Zack – kommt Projekt XY um die Ecke und schnappt sich deine Ressourcen. Einfach so. Kein „Dürfen wir?“, kein „Was macht das mit euch?“ Nur: „Wir brauchen euch jetzt.“
Und dahinter steckt ein größeres Problem: Es fehlt die übergeordnete Sichtweise auf die Auslastung aller Ressourcen. Niemand schaut systematisch darauf, wie viele Projekte gerade parallel laufen – und welche davon voneinander abhängig sind. Besonders in Bezug auf Ressourcenmanagement und Verfügbarkeiten gibt es oft keinerlei Gesamtübersicht.
Und weißt du, was dann passiert?
Niemand sagt nein. Weil man ja helfen will. Weil man nicht als unkooperativ gelten möchte. Und weil in vielen Firmen noch immer die Kultur fehlt, die eigene Belastung offen anzusprechen.
Damit endet die Liste der Probleme – aber nicht die Herausforderung. Denn was bleibt, ist die große Frage: Wie können wir unter diesen Rahmenbedingungen trotzdem zu einer Ressourcenplanung kommen, die nicht nur auf dem Papier funktioniert?
Ich geb’s zu: Auch ich hab keine Wunderlösung.
In vielen Unternehmen fehlen schlicht die Mitarbeiter. Oder man findet keine. Oder man will keine einstellen. Und das ist bitter – gerade für Projektleiter, die alles zusammenhalten sollen und wollen – und dabei selbst auf dem Zahnfleisch gehen.
Meine persönliche Lösung? Eine gute Schätzung. Erfahrung nutzen. Puffer einbauen. Und transparent machen, was realistisch ist – und was nicht.
Aber ganz ehrlich: Das reicht nicht immer.
7 Impulse, die dir bei der Ressourcenplanung wirklich helfen können
1. Ressourcenplanung im Rückwärtsgang
Nicht fragen: „Was brauchen wir?“ – sondern: „Was haben wir wirklich?“
- Start mit ehrlicher Verfügbarkeitsanalyse
- Was ist durch andere Projekte oder Tagesgeschäft gebunden?
- Was bleibt realistisch übrig?
Erst danach den Projektumfang realistisch planen. Nicht vorher.
2. Persönliche Ressourcenplanung – pro Person
- Jeder braucht eine persönliche Zeit- und Aufgabenplanung – nicht nur für eine Woche, sondern dauerhaft. Nur so lässt sich realistisch einschätzen, wie viel Zeit tatsächlich für ein Projekt verfügbar ist – neben Meetings, Orga, E-Mails, laufenden Aufgaben und allem, was sonst noch dazugehört.
- Daraus ergibt sich ein realistisches Zeitfenster für Projektarbeit, das als Grundlage für die individuelle Ressourcenplanung dient.
- Individuell – nicht pauschal
3. Die “Ich-bin-nicht-verfügbar”-Kultur stärken
- Kulturwandel: Nein-Sagen darf nicht tabu sein – aber dazu gehört eben genau diese persönliche Zeit- und Aufgabenplanung. Denn ohne diese Struktur kann niemand realistisch einschätzen, was zusätzlich überhaupt noch leistbar ist – geschweige denn klar kommunizieren, wo die Grenze liegt. Und wie soll ein Manager überhaupt entscheiden, ob ein Mitarbeiter Nein sagen kann, wenn dieser selbst keine persönliche Planung hat? Kein Wunder, wenn man ohne Struktur keine Argumente für ein Nein in der Tasche hat.
- Besser: mit dem Vorgesetzten sprechen, Fakten auf den Tisch legen und gemeinsam prüfen, was machbar ist – statt zu sagen: „Gefühlt habe ich keine Zeit, ich weiß nicht genau warum, aber ich sage mal sicherheitshalber nein.“
- Konstruktives Nein-Sagen fördern: „Ich bin dafür nicht verfügbar, weil …“
4. Ressourcen-Ampel im Team
- Wöchentliche Statusmeldung durch das Team selbst:
- 🟢 = Alles im Rahmen
- 🟡 = Engpässe
- 🔴 = Überlast
- Frühwarnsystem durch Selbstverantwortung – und ein wichtiger Baustein für vorausschauendes Ressourcenmanagement
5. Aufgaben runterbrechen vor der Schätzung
- Keine Schätzung ohne Task-Details
- Große Aufgaben aufteilen: z. B. Konzept = Briefing, Recherche, Entwurf, Review, Final
- Dann erst Aufwand und Dauer schätzen – als Basis für eine belastbare Aufwandsschätzung
- Orientierung an bewährten Vorgehensweisen aus Scrum kann hier besonders hilfreich sein – etwa durch das strukturierte Zerlegen und Priorisieren von Aufgaben, das gemeinsame Planen im Team und die transparente Aufwandsschätzung in kleinen Einheiten. Diese Methoden bringen nicht nur Klarheit, sondern schaffen auch ein gemeinsames Verständnis von realistischem Aufwand.
6. Zwei-Schritt-Puffer: technisch + menschlich
- Technischer Puffer = für Änderungen, neue Anforderungen
- Menschlicher Puffer = für Krankheit, Konzentration, Leben
- Beide bewusst und getrennt einplanen – als Teil einer vorausschauenden Projektplanung
7. KI-gestützte Aufwandsschätzung
- Tools wie ChatGPT mit Erfahrungsdaten füttern
- Beispiel: „Wie lange dauert XY in einem vergleichbaren Projekt?“
- Wunschdenken entlarven, Planung stützen
Wichtig: Es dürfen dabei keine Echtdaten verwendet oder personenbezogene Informationen eingegeben werden. Für realistische Schätzhilfen reichen abstrahierte, beispielhafte Angaben – die Verantwortung für Datenschutz und Vertraulichkeit bleibt immer beim Menschen.
Vielleicht hast du ja eine Idee.
Ich freue mich über deine Perspektive – und wenn du magst, schreib mir einfach. Was funktioniert bei dir? Was bringt dich zur Weißglut?
Denn eins ist sicher: Projekte gelingen nicht durch Pläne allein – sondern durch Menschen, die Verantwortung übernehmen, Klartext reden und sich für eine tragfähige Planung stark machen.
Wenn du dein nächstes Projekt strategisch sauber aufstellen willst – ich begleite dich gern dabei.
👉 Was erlebst du zum Thema Ressourcenplanung? Schreib mir gern. Oder komm direkt ins Seminar – da schauen wir uns genau solche Fälle gemeinsam an.